Dienstag, 19. April 2016
1. Der Auszug
Nun ja. Die Entscheidung zu gehen ist irgendwann da. Davor waren es Gedanken und dann mit einem Mal lässt man tatsächlich los. Das Interesse für den Zirkus wuchs mit den letzten zwei Jahren. Das letzte Jahr arbeitet ich dann nur noch zu 80 %, aber die Zeit für das Üben war sehr kurz. Das Bedürfnis mehr Zeit für den Zirkus zu haben, war da und verschwand auch nicht mehr. Ich kündigte also meinen fristlosen Vertrag. Und drei Monate später ging die Reise los....

Bis zum Freitag fünf Uhr nachmittags arbeitet ich in meinem alten Job. Ich versuchte noch die letzten Übergaben zu organisieren, aber Zeit fehlt ja bekanntlich immer. Am Samstag und Sonntag packte ich dann im Rekord Kisten zusammen, was bis zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ansatzweise gemacht worden war. Nach diesem Zweitagerekord packte M. bereits nachts den Bulli voll. In Folge eines Schreibtischstuhles, den ich nach meinem Bandscheibenvorfall teuer erstanden hatte, musste der Bulli nochmals zur Hälfte ausgeräumt werden, so dass dieses wertvolle Nutzstück mit einer zugegebenermaßen breiten Sitzschale und einem relativ hohen Gewicht dann doch noch in den Bus passte. M. konnte meine Zuneigung zu diesem nach seinen Augen eher hässlichen Stuhl nicht so ganz teilen. Aber mit sehr viel Mühe und Feingefühl waren am Ende drei Stühle, ein riesen Koffer und der Sarg (mein Klavier) im Bulli inklusiver duzender Bananankisten, Drucker und zig Hulahoops verstaut. Ich saß zunächst auf dem Beifahrersitz. Das gestaltete sich folgendermaßen, dass ich auf einem Kissen saß (das mitmusste). Auf mir wurde im ersten Schritt ein 14 kg Rucksack gelegt. Im zweiten Schritt wurde meine gesamte Abendgarderobe (also Kleider und Anzüge) auf mich raufglegt. Darüber wurde noch eine Gitarre gestülpt. Nicht zuletzt wurden aber auch vorne noch drei der Hula Hoops gelegt, so dass ich im Endeffekt überhaupt gar nichts mehr sah und mich konzentrieren musste, damit mir beim Fahren nicht schlecht wurde -abgesehen davon erhielt man je nach Müdigkeitsgrad starke Claustrophobiezustände. Es war also besser zu schlafen. Sobald man wieder sehr wach wurde, war der Zustand so unerträglich, dass M. und ich eine Pause machten und er in das Gefühl der ganz besonderen Nähe von Objekt und Körper kommen konnte. Als Fahrer konnte man dann richtig aufatmen, da man normal sitzen konnte. Zwischen Fahrer und Beifahrersitz war nebenbei noch mein roter Stuhl aufgestellt, auf welchem ein zweiter Reiserucksack gestülpt war. M. und ich konnten uns also weder sehen noch gut miteinander sprechen. Bei der Fahrt musste man also schreien. Das Radio war auch versperrt und das höchste der Gefühle war, ein Keks von der einen zur anderen Seite durch einen schmalen Ritz zu reichen.

An sich wäre das ja alles kein Problem gewesen. Leider kamen wir statt 12 Uhr mittags erst um 16:30 Uhr los. Das wäre an sich auch nicht so problematisch gewesen. Wir wären so voll beladen wahrscheinlich in höchsten 9 Stunden zu Hause gewesen. Der Sturm und der Regen verlangsamten die Fahrt aber nochmals und wegen eines Unfalles standen wir über zwei Stunden komplett auf der Autobahn. Wir kamen erst um halb fünf Uhr morgens an und fielen dann ziemlich fertig um 5 Uhr morgens ins Bett. Wir sind aber Gott sei Dank wohl und munter angekommen.

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